Konjunkturelle Belebung der Exporte - Rückgang der Arbeitslosigkeit in Sicht
Bern, 19.12.2013 - Konjunkturprognosen der Expertengruppe des Bundes – Winter 2013/2014* - Das Konjunkturbild für die Schweiz hat sich in den Herbstmonaten weiter aufgehellt. Die erwartete positive Wende in der Exportwirtschaft scheint sich zu bestätigen. Mit dem Anspringen des bislang stotternden Exportmotors gewinnt das konjunkturelle Fundament an Breite, zumal die Binnenkonjunktur - die bisher dominierende Wachstumsstütze - robust bleiben dürfte. Unter der Voraussetzung, dass die immer noch fragile internationale Konjunktur auf langsamem Erholungspfad bleibt, bestehen gute Aussichten für einen sich weiter festigenden Aufschwung in der Schweiz. Die Expertengruppe erwartet, nach dem bereits soliden BIP-Wachstum von 1,9% 2013, eine Beschleunigung des Wachstums auf 2,3% 2014 sowie auf 2,7% 2015. Dies dürfte sich zusehends auch am Arbeitsmarkt in einem Rückgang der Arbeitslosigkeit niederschlagen.
Internationale Konjunktur
Die bislang zögerliche und fragile Erholung der Weltkonjunktur von den Krisen der letzten Jahre dürfte sich in den beiden kommenden Jahren zunehmend festigen. Dabei präsentiert sich das Konjunkturbild für die verschiedenen Wirtschaftsräume nach wie vor uneinheitlich.
Vor allem in den USA macht die konjunkturelle Erholung gute Fortschritte. Die Folgen der Immobilien- und Schuldenkrise scheinen zunehmend verdaut: Die privaten Haushalte konnten in den letzten Jahren ihre hohe Verschuldung reduzieren, die Bankensanierung schritt zügig voran, und die Immobilienmärkte stabilisieren sich. Mittlerweile zeigt sich auch am Arbeitsmarkt eine kontinuierliche Besserung; im November sank die Arbeitslosenquote auf 7%, den tiefsten Stand seit Beginn der Finanzkrise Ende 2008. Darüber hinaus dürfte sich der ständig schwelende politische Streit um den Staatshaushalt mit dem jüngst für 2014/15 erzielten Budget-Kompromiss entschärft haben, womit das Risiko für drastische Ausgabekürzungen weitgehend gebannt scheint. Damit sollte einem gefestigten US-Konjunkturaufschwung 2014 und 2015 nichts im Wege stehen (mit erwarteten BIP-Zuwächsen von gegen 3%). Angesichts des positiven Wirtschaftsausblicks steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die US-Notenbank bald - womöglich in den nächsten Monaten - mit dem geldpolitischen "Tapering" (schrittweise Verringerung des Anleihekaufprogramms) beginnen wird.
Auch im Euroraum verbessert sich die schwache Konjunkturlage, wenn auch nur schleppend. Während in den Kernländern, namentlich in Deutschland, der Konjunkturmotor wieder Fahrt aufgenommen hat, scheint in den südlichen Peripherieländern immerhin die langwierige wirtschaftliche Talfahrt nunmehr zum Ende zu kommen. Allerdings wird ihre Entwicklung auch weiterhin durch die nur langsam nachlassende Austeritätspolitik, Bankenprobleme sowie die stark gestiegene Arbeitslosigkeit belastet. Angesichts der noch immer gedrückten Wirtschaftslage des Währungsraums und sinkender Inflationsraten sah sich die EZB anfangs November zu einer nochmaligen Leitzinssenkung veranlasst. Für die nächsten beiden Jahre wird mit einer nur graduell voranschreitenden Konjunkturerholung gerechnet (erwartetes BIP-Wachstum 2014 +1%, 2015 +1,5%), was für eine deutliche Senkung der hohen Arbeitslosigkeit in vielen Ländern wohl noch nicht ausreichen wird.
Im Gegensatz zu den Besserungstendenzen in den Industrieländern tun sich zahlreiche Schwellenländer weiterhin schwer, den verlorenen Wirtschaftsschwung wieder zu finden. Neben den ungünstigen Folgen der Stimmungswende an den globalen Finanzmärkten (Erwartungen der beginnenden geldpolitische Normalisierung in den USA), die viele Schwellenländer durch abrupte Kapitalabflüsse unter Druck setzte, wirken teilweise auch strukturelle Faktoren wachstumsbremsend (demografische Alterung, unzureichende Wirtschaftsreformen). Entsprechend dürfte ihr wirtschaftliches Wachstum 2014 und 2015 nur langsam wieder in Schwung kommen und mehrheitlich unter den aus der Vergangenheit gewohnten Zuwächsen bleiben. Eine gewisse Ausnahme stellt China dar, wo sich die Konjunktur 2013 robust entwickelte und kaum von negativen Finanzmarkteinflüssen tangiert wurde. Allerdings bewegt sich auch in China das Wirtschaftswachstum (mit rund 7-8%) im Vergleich zu früher auf einem moderateren Expansionspfad.
Konjunkturprognose Schweiz
Das Konjunkturbild für die Schweiz hat sich in den Herbstmonaten weiter aufgehellt. Die erwartete positive Wende in der Exportwirtschaft scheint sich zu bestätigen. So verzeichneten die Warenexporte im 3. Quartal nach längerer Durstrecke erstmals wieder eine branchenmässig breit abgestützte Zunahme, und die Stimmungsindikatoren für die (Export)Industrie haben sich in jüngster Zeit weiter verbessert. Die Tourismus-Exporte (Übernachtungen von Gästen aus dem Ausland) konnten sich bereits seit einiger Zeit aus der Talsohle lösen. Leichten Rückenwind erhalten die Exportsektoren von der Weltkonjunktur. Daneben stellt die Euro-Untergrenze wegen der dadurch bewirkten Stabilisierung des Währungsumfelds nach wie vor eine wichtige Stütze dar. Unter der Voraussetzung, dass die internationale Konjunktur weiter auf langsamem Erholungspfad bleibt, dürfte sich das schweizerische Exportwachstum in den kommenden beiden Jahren sukzessive verstärken.
Mit dem Anspringen des bislang stotternden Exportmotors gewinnt das konjunkturelle Fundament an Breite, zumal die Binnenkonjunktur - die bisher dominierende Wachstumsstütze - robust bleiben dürfte. Die Expertengruppe geht davon aus, dass die treibenden Faktoren der letzten Jahre, namentlich die kontinuierliche Zuwanderung und die tiefen Zinsen, weiter wirksam bleiben und den privaten Konsum sowie die Bau- und Immobilienwirtschaft stützen werden. Allerdings dürfte insbesondere der private Konsum im kommenden Jahr, auch we-gen schwächerer Reallohnsteigerungen, wohl nicht mehr ganz die hohen Zuwächse wie 2013 erreichen. Dafür dürften vermehrt positive Impulse von den Ausrüstungsinvestitionen kommen, die bislang eine Schwachstelle der Konjunkturerholung bildeten. Die relativ schwach ausgelasteten Kapazitäten in den exportorientierten Sektoren sowie die lange vorherrschende Unsicherheit über die Wirtschaftsaussichten dämpfte - trotz historisch tiefer Zinsen - die Investitionsneigung; ein auch in vielen anderen Ländern festzustellendes Phänomen. Mit fortschreitender Konjunkturerholung und wachsender Zuversicht kann nun aber mit allmählich anziehenden Ausrüstungsinvestitionen gerechnet werden.
Insgesamt bestehen damit gute Aussichten, dass die Schweizer Wirtschaft in den kommenden beiden Jahren weiter an Fahrt gewinnen kann. Die Expertengruppe erwartet - weitgehend im Einklang mit der letzten Prognose von September - für 2013 ein solides BIP-Wachstum von 1,9% (bisher 1,8%) und anschliessend eine sukzessive Beschleunigung auf 2,3% 2014 (unveränderte Prognose) sowie 2,7% 2015. Damit würde die Schweizer Wirtschaft im europäischen Quervergleich weiterhin überdurchschnittlich wachsen, wie es bereits in den letzten Jahren der Fall war. Hierzu trägt auch die stetige Bevölkerungszunahme bei, die sich nach Einschätzung der Expertengruppe in den kommenden beiden Jahren fortsetzen dürfte.
Mit anziehender Konjunktur hellt sich der Ausblick für den Arbeitsmarkt auf. Dabei dürfte auch im Industriesektor zusehends wieder ein Beschäftigungsaufbau stattfinden. In den Jahren zuvor hatte dieser - im Unterschied zur stets positiven Beschäftigungsentwicklung im Baugewerbe und in den meisten Dienstleistungssektoren - im Zuge des schwierigen Exportumfelds unter Stellenabbau zu leiden. Damit rückt bei der Arbeitslosigkeit die Trendwende nach unten in Sichtweite. Nachdem der seit rund zwei Jahren anhaltende, leichte Anstieg der (saisonbereinigten) Arbeitslosigkeit in den letzten Monaten bereits annähernd zum Stillstand kam, wird ab 2014 mit einem einsetzenden Rückgang der Arbeitslosenzahlen gerechnet, der sich 2015, bei verstärkter Konjunkturdynamik, weiter beschleunigen dürfte. Im Jahresdurchschnitt rechnet die Expertengruppe mit Arbeitslosenquoten von 3,2% für 2013, 3,1% für 2014 und 2,8% für 2015.
Die Inflationsaussichten werden voraussichtlich moderat bleiben. Zwar dürfte die Phase negativer Teuerungsraten, welche massgeblich durch die Frankenstärke und den damit verbundenen Rückgang der Importpreise bedingt war, nunmehr ausgelaufen sein und sich die Teuerungsraten wieder in den positiven Bereich bewegen. Ein rascher Inflationsdruck ist jedoch nicht auszumachen - weder vom internationalen Umfeld angesichts der in vielen Ländern nur langsam voranschreitenden Erholung und relativ hoher Arbeitslosigkeit, noch in der Schweiz, wo der inländische Inflationsdruck trotz kräftigerem Aufschwung auf absehbare Zeit noch gering bleiben dürfte. Die Expertengruppe rechnet mit leicht positiven Teuerungsraten von 0,2% für 2014 und 0,4% für 2015, nach -0,2% 2013.
Konjunkturrisiken
Trotz der grundsätzlich positiven Einschätzung der schweizerischen Konjunkturperspektiven dürfen die nach wie vor erheblichen Abwärtsrisiken aufgrund des fragilen weltwirtschaftlichen Umfelds nicht übersehen werden.
Gerade vom Euroraum gehen, trotz der erreichten Beruhigung der Schuldenkrise, immer noch gewichtige negative Risiken aus, weil die schwierige Wirtschaftslage in den Euro-Südländern - Stichwort hohe Arbeitslosigkeit - latente Gefahren für wirtschaftliche und politische Rückschläge bei den Strukturreformen bedeutet. Daneben bleibt auf globaler Ebene eine offene Frage, inwieweit der für die kommenden Jahre anstehende Ausstieg aus der extrem expansiven Geldpolitik etwa in den USA reibungslos vonstattengeht oder zu einer erhöhten Volatilität an den internationalen Finanzmärkten (z.B. starker Zinsanstieg, abrupte Kapitalabflüsse aus den Schwellenländern) führt, mit potentiell schädlichen Folgen für die Weltkonjunktur.
Auf der andern Seite erscheinen allerdings auch positive Überraschungen von der internationalen Konjunktur möglich. Chancen für eine schwungvollere weltwirtschaftliche Erholung als angenommen könnten sich ergeben, wenn es mit wachsender Konjunkturzuversicht zu einer deutlichen Belebung der bislang in vielen Ländern verhaltenen Unternehmensinvestitionen kommen würde; am ehesten ausgehend von den USA mit globalen Ausstrahlungseffekten. Im Euroraum könnte eine, durch Fortschritte in Richtung Bankenunion unterstützte, erfolgreiche Stabilisierung der teilweise angeschlagenen Bankensysteme in den nächsten beiden Jahren dazu beitragen, die restriktiven Kreditbedingungen allmählich zu entspannen, die ein Hemmnis für die wirtschaftliche Erholung in den Euro-Peripherieländern darstellen.
* Die Expertengruppe des Bundes für die Konjunkturprognosen publiziert viermal pro Jahr eine Prognose der konjunkturellen Entwicklung in der Schweiz. Die aktuelle Prognose von Dezember 2013 wird in dieser Medienmitteilung kommentiert. Die aktuelle Ausgabe der "Konjunkturtendenzen", eine vierteljährliche Publikation des SECO, integriert diese Prognosen und vertieft weitere Aspekte der gegenwärtigen konjunkturellen Entwicklung. Diese Publikation erscheint in gedruckter Form als Beilage der Februar-, April-, Juli-, und Oktobernummern der Zeitschrift "Die Volkswirtschaft" (www.dievolkswirtschaft.ch). Ausserdem ist sie kostenlos auf dem Internet im PDF-Format verfügbar (http://www.seco.admin.ch/themen/00374/00375/00381/index.html?lang=de).
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Letzte Änderung 14.05.2024
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