Weiterhin positive Konjunkturaussichten trotz bisher zögerlicher Erholung

Bern, 20.06.2017 - Konjunkturprognosen der Expertengruppe des Bundes – Sommer 2017* - In den vergangenen zwei Quartalen beschleunigte sich das Wachstum der Schweizer Wirtschaft zwar, es blieb aber trotzdem hinter den Erwartungen zurück. Die freundlichen weltwirtschaftlichen Aussichten sowie die positiven Frühindikatoren lassen eine merkliche Beschleunigung der wirtschaftlichen Dynamik in den kommenden Quartalen erwarten. Die Expertengruppe des Bundes prognostiziert daher ein Wachstum des Bruttoinlandproduktes (BIP) von 1,4 % im Jahr 2017 (bisher: 1,6 %) und von 1,9 % im Jahr 2018 (unverändert). Sowohl die Inlandnachfrage als auch der Aussenhandel sollten zum Wachstum beitragen. Im Zuge der konjunkturellen Aufhellung dürfte sich auch die Erholung am Arbeitsmarkt fortsetzen. Die Expertengruppe erwartet unverändert eine Arbeitslosenquote von 3,2 % im Jahr 2017 und von 3,1 % im Jahr 2018.

Internationale Konjunktur
Das moderate Wachstum der Weltwirtschaft hielt zu Jahresbeginn 2017 an. Der Welthandel entwickelte sich weiterhin positiv und die Stimmungsindikatoren deuten in vielen Ländern auf eine Fortsetzung des Konjunkturaufschwungs hin.

In den USA enttäuschte das Wirtschaftswachstum im 1. Quartal 2017 (+0,3 %).** Der robuste Zustand des Arbeitsmarktes lässt jedoch keine Eintrübung der Konjunktur erkennen. In den kommenden Quartalen dürfte die US-Wirtschaft wieder kräftiger wachsen und die Dynamik der letzten Jahre ungefähr beibehalten. Im Euroraum schreitet die konjunkturelle Erholung fort. Im 1. Quartal konnte das BIP in ausnahmslos allen Mitgliedsstaaten zulegen; für die Währungsunion insgesamt resultiert daraus eine ansehnliche Wachstumsrate von +0,6 %. Damit hat sich das BIP-Wachstum zum dritten Mal in Folge beschleunigt. Aktuelle Vorlaufindikatoren deuten zudem klar auf ein positives 2. Quartal hin. Die Wachstumsdynamik des Euroraums dürfte im aktuellen und im kommenden Jahr leicht überdurchschnittlich ausfallen. In Japan lag das Wirtschaftswachstum im 1. Quartal erneut über dem Potential. Im Verlauf des Prognosezeitraums ist aber mit einer Abschwächung der Dynamik zu rechnen.

Die Aussichten für die BRIC-Länder (Brasilien, Russland, Indien, China) präsentieren sich mehrheitlich positiv. Für China ist im Zuge des fortschreitenden Strukturwandels weiterhin von einer graduellen Wachstumsverlangsamung auszugehen. Für Indien bleibt der Ausblick mit erwarteten Wachstumsraten von mindestens 7 % positiv. Während Russland die Rezession hinter sich gelassen hat, bleibt die jüngste Aufhellung in Brasilien angesichts politischer
Turbulenzen fragil.

Die jüngsten weltwirtschaftlichen Entwicklungen sind weitgehend im Einklang mit den bisherigen Erwartungen der Expertengruppe, wobei sich der Euroraum im bisherigen Jahresverlauf etwas dynamischer entwickelt hat als angenommen. Für 2017 und 2018 ist mit einer Fortsetzung der moderaten weltwirtschaftlichen Expansion zu rechnen; die erwartete Entwicklung für das laufende Jahr fällt gar etwas positiver aus als bei der letzten Prognose unterstellt.

Konjunkturlage und -prognosen für die Schweiz
Die Erholung der Schweizer Wirtschaft verlief in den vergangenen drei Quartalen weniger dynamisch als erwartet. Zwar beschleunigte sich das BIP-Wachstum schrittweise, doch auch das 1. Quartal 2017 blieb mit +0,3 % leicht hinter den Erwartungen zurück. Massgeblicher Grund war die im 1. Quartal schwache Entwicklung fast aller Dienstleistungsbranchen. Das verarbeitende Gewerbe verzeichnete dagegen ein positives Quartalsergebnis.

Die wichtigsten Stimmungsindikatoren (PMI für die Industrie und für den Dienstleistungssektor, KOF-Barometer, Konsumentenstimmung) haben zuletzt etwas nachgegeben, dies jedoch auf einem hohen Niveau. Sie signalisieren somit weiterhin ein Wachstum der Schweizer Wirtschaft. Zuversichtlich für die Wirtschaftsentwicklung in naher Zukunft stimmt insbesondere, dass der Auftragsbestand der Unternehmen (PMI) sowohl in der Industrie als auch im Dienstleistungssektor erneut angestiegen ist.

Für das Gesamtjahr 2017 erwartet die Expertengruppe ein BIP-Wachstum von 1,4 %. Die leichte Korrektur nach unten gegenüber der letzten Prognose (1,6 %) trägt dem wenig schwungvollen Wachstum im 1. Quartal Rechnung. Im Verlauf des Jahres ist angesichts des positiven globalen Wirtschaftsumfeldes sowie der weiterhin starken Stimmungsindikatoren mit einer merklichen Beschleunigung des Wirtschaftswachstums zu rechnen. Für 2018 wird unverändert eine Fortsetzung der Erholung und ein BIP-Wachstum von 1,9 % erwartet.

Die Inlandnachfrage dürfte im laufenden und kommenden Jahr eine bedeutende Wachstumsstütze bleiben. Nach einer eher verhaltenen Entwicklung 2015 und 2016 sollte der Konsum im Prognosezeitraum wieder dynamischer wachsen. Dafür sprechen zum einen die bereits einsetzende Erholung am Arbeitsmarkt und zum anderen das bis zuletzt anhaltende Bevölkerungswachstum. Angesichts des tiefen Zinsniveaus und der nach wie vor starken Nachfrage nach Immobilien dürften die Bauinvestitionen ebenfalls leicht an Dynamik gewinnen. Für die Ausrüstungsinvestitionen wird ein moderates Wachstum erwartet.

Beim Aussenhandel ist 2017 und 2018 weiterhin von moderaten Wachstumsraten auszugehen; der Beitrag zum BIP-Wachstum der Handelsbilanz sollte leicht positiv ausfallen. Die Exporttätigkeit der Schweizer Unternehmen dürfte von der positiven weltwirtschaftlichen Entwicklung profitieren. Wie bereits schon im 1. Quartal 2017 sollte das Exportwachstum zudem breiter abgestützt sein als noch im vergangenen Jahr. Neben der Chemie-/Pharmabranche dürften sowohl die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie als auch die Uhrenindustrie vom anziehenden Wachstum in den Exportmärkten profitieren.

Nach der konjunkturell bedingten Abschwächung im Zuge der Frankenaufwertung hat sich am Arbeitsmarkt die Trendwende teilweise bereits vollzogen. Die saison- und zufallsbereinigte Arbeitslosenquote ging von 3,3 % in den ersten Monaten des laufenden Jahres auf 3,2 %
zurück. Die Expertengruppe erwartet unverändert, dass sich diese rückläufige Tendenz fortsetzen wird, so dass die Arbeitslosenquote im Jahresmittel 2017 ebenfalls 3,2 % betragen und im Jahresmittel 2018 auf 3,1 % zurückgehen sollte. Bei der Beschäftigungsentwicklung ist hingegen noch keine Aufhellung ersichtlich. Die Talsohle dürfte aber mittlerweile erreicht sein, und in den nächsten Quartalen sollte ein Beschäftigungszuwachs einsetzen. Dafür spricht auch der jüngste Anstieg von Indikatoren zur Arbeitsmarktentwicklung. Für das Jahr 2017 wird ein Wachstum von 0,4 % prognostiziert, für das Jahr 2018 eine Beschleunigung auf 0,6 %.

Gestützt durch die Erdölpreise normalisiert sich die Teuerung in der Schweiz. Im Jahresdurchschnitt 2017 sollte diese bei 0,5 % zu liegen kommen, 2018 unter anderem aufgrund der Senkung des Referenzzinssatzes und der zu erwartenden Mietzinssenkungen noch 0,2 %.

Konjunkturrisiken
Die bestehenden politischen Risiken im Zusammenhang mit der Ausrichtung der US-amerikanischen Handels- und Fiskalpolitik sowie bezüglich des Brexit-Entscheids bleiben beträchtlich. Falls sich diese Risiken materialisieren, dürften sie sich allerdings erst in der zweiten Hälfte des Prognosehorizonts auf die Schweiz auswirken.

Eine zusätzliche Unsicherheit geht derzeit von Italien aus. Das Land wird innerhalb des Prognosezeitraums Parlamentswahlen abhalten. Nach dem Scheitern der Wahlrechtsreform droht eine politische Instabilität. Die damit verbundenen Risiken sind angesichts der hohen Staatsverschuldung des gewichtigen Euro-Mitgliedslands sowie seines nach wie vor fragilen Bankensektors nicht zu unterschätzen. Ein erneutes Aufflammen der europäischen Schuldenkrise oder eine akute Verschärfung der Lage im Bankensektor könnten starken Aufwertungsdruck auf den Schweizerfranken erzeugen mit entsprechenden Auswirkungen auf die Schweizer Konjunktur.

Weitere Risiken für die weltwirtschaftliche Entwicklung können aus der geldpolitischen Entwicklung in den USA resultieren. Eine unerwartet schnelle geldpolitische Normalisierung in den USA könnte übermässige bremsende Effekte auf die US-amerikanische Wirtschaft entfalten und, über den Handelskanal, die globale Konjunktur beeinträchtigen. Höhere Zinsen in den USA könnten zudem zu Kapitalabflüssen aus wichtigen Schwellenländern führen mit potentiell erheblichen Effekten auf die internationale Finanzstabilität.

Demgegenüber besteht das positive Konjunkturrisiko, dass sich der Gang der Weltwirtschaft und insbesondere des Euroraums angesichts des überraschend positiven Jahresauftaktes und der starken Frühindikatoren stärker beschleunigt als in der Prognose unterstellt. Davon würden die Schweizer Exportwirtschaft und letztlich die gesamte Schweizer Volkswirtschaft profitieren.

Im Inland geht ein gewisses Risiko von der Entwicklung des Immobiliensektors aus. In Anbetracht der steigenden Leerwohnungsziffern könnte eine stärkere Abschwächung der Baukonjunktur bevorstehen als prognostiziert.

* Die Expertengruppe Konjunkturprognosen des Bundes publiziert viermal pro Jahr eine Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung in der Schweiz. Vertiefte Informationen zur aktuellen Konjunkturlage finden sich in der vierteljährlichen Publikation «Konjunkturtendenzen», die online (www.seco.admin.ch/konjunkturtendenzen) sowie in gedruckter Form als Beilage der Zeitschrift «Die Volkswirtschaft» (www.dievolkswirtschaft.ch) erscheint.
** Ohne gegenteilige Anmerkung wird für die Quartale das Wachstum gegenüber dem Vorquartal kommentiert.F


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