Personenfreizügigkeit: Zugewanderte Arbeitskräfte von Krise stärker getroffen

Bern, 25.06.2021 - Arbeitskräfte aus dem EU-Raum bekamen im Jahr 2020 die Folgen der Covid-Krise am Arbeitsmarkt besonders zu spüren. Auch die Wanderungsströme reagierten auf die veränderte Arbeitsmarktsituation. Gleichzeitig bleibt die Personenfreizügigkeit zur flexiblen und bedarfsgerechten Deckung der Arbeitskräftenachfrage wichtig. Der diesjährige Bericht des Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen zeigt dies unter anderem am Beispiel des Gesundheitswesens.

Die Covid-Krise hat im Jahr 2020 deutliche Spuren am Arbeitsmarkt hinterlassen. Das tatsächlich geleistete Arbeitsvolumen ging unter anderem wegen des massiven Einsatzes von Kurzarbeit gegenüber dem Vorjahr um insgesamt 3.7 Prozent zurück. Bevölkerungsgruppen, die in den besonders betroffenen Branchen stark vertreten sind, waren davon überdurchschnittlich betroffen. So ging das Arbeitsvolumen bei den EU-Staatsangehörigen um -4.5 Prozent zurück. Dies ist gut ein Drittel mehr als bei den Schweizer/-innen, bei welchen es sich um -3.4 Prozent verringerte. Auch vom Anstieg der Arbeitslosigkeit waren EU-Staatsangehörige stärker betroffen. Während sich vor allem bei Süd- und Osteuropäer/-innen deren hohe Beschäftigungsanteile im Gastgewerbe negativ auswirkten, schnitten Zugewanderte aus Nord- und Westeuropa vergleichsweise besser ab. Ihre Tätigkeiten liessen sich besonders häufig durch Verlagerung ins Homeoffice fortsetzen.

Insgesamt nahm der EU-Wanderungssaldo im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr nur wenig ab. Die angespannte Arbeitsmarktlage hatte aber einen spürbaren Rückgang der Neueinwanderungen vor allem von Erwerbstätigen zur Folge. Gleichzeitig wanderten auch deutlich weniger Personen aus der Schweiz aus. Der Bestand an Kurzaufenthalter/-innen, der stets eine besonders hohe Konjunkturreagibilität aufweist und als Puffer gegenüber Nachfrageschwankungen wirkt, baute sich deutlich ab. Mit der sich abzeichnenden konjunkturellen Erholung und dem zu erwartenden Abbau von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit dürfte sich die Nachfrage nach ausländischen Arbeitskräften im Laufe dieses Jahres wieder erholen.

Personenfreizügigkeit wichtig für Gesundheitswesen
Im Zusammenhang mit der Covid-Krise ist vielerorts das Bewusstsein um die besondere Bedeutung ausländischer Arbeitskräfte für das Gesundheitswesen gestiegen. Der Bericht widmet dem Thema ein eigenes Kapitel. Dieses zeigt, dass die Personenfreizügigkeit für die Deckung der Nachfrage vor allem nach hochqualifizierten sowie spezialisierten Gesundheitsfachkräften in den letzten zehn Jahren eine wichtige Rolle gespielt hat. So sind ein Drittel der heute in der Schweiz tätigen Fachärzte und 31 Prozent der Allgemeinärzte EU-Staatsangehörige. Bei den Physiotherapeuten, Zahnärzten und Apothekern beträgt der Anteil der EU-Staatsangehörigen rund ein Viertel, beim Pflegefachpersonal 19 Prozent. Vergleichsweise weniger stark vertreten sind EU-Staatsangehörige dagegen in den Gesundheitsberufen auf Sekundarstufe II; in diesem Bereich konnte der Fachkräftebedarf dank entsprechender Ausbildungsanstrengungen in den vergangenen Jahren offenbar gut im Inland gedeckt werden. Die Rekrutierung von Gesundheitspersonal im EU-Raum erfolgte demnach komplementär und bedarfsgerecht. In den Grenzregionen trugen dabei auch die rund 34'000 im Gesundheitswesen tätigen Grenzgänger/-innen massgeblich zur Gewährleistung der Gesundheitsversorgung bei.

Grenzgänger prägen Arbeitsmarktentwicklung in den Grenzregionen
Über das Gesundheitswesen hinaus sind Grenzgänger/-innen für die Arbeitsmarktentwicklung in den Grenzregionen prägend, wie der Bericht in einem weiteren Schwerpunktkapitel zeigt. Die Grenzgängerbeschäftigung hat in den letzten Jahren wesentlich zur Dynamik der Beschäftigungsentwicklung in den Grenzregionen beigetragen: Kantone mit hohen Grenzgängeranteilen wiesen im Durchschnitt ein stärkeres Beschäftigungswachstum auf als zentralere Regionen. Dabei deuten steigende Erwerbstätigenquoten und ein Trendrückgang in der Arbeitslosigkeit über die letzten zehn Jahre darauf hin, dass die starke Präsenz von Grenzgänger/-innen auf dem Arbeitsmarkt die Beschäftigungschancen der Einheimischen in den Grenzregionen nicht geschmälert hat. Dies gilt auch für den Kanton Tessin, obgleich hier erhöhte unerklärte Lohnabschläge von Grenzgänger/-innen gegenüber Ansässigen mit vergleichbaren lohnrelevanten Merkmalen festgestellt werden. Das Lohnwachstum der Ansässigen hat jedoch mit demjenigen in zentraleren Regionen schrittgehalten; die flankierenden Massnahmen dürften dabei vor allem im Bereich der tieferen Löhne wirkungsvoll zum Tragen gekommen sein.


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