Ausdehnung der Personenfreizügigkeit sowie Verstärkung der flankierenden Massnahmen ab 1. April in Kraft
Bern, 28.03.2006 - Die kontrollierte Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf die neuen EU-Mitgliedstaaten sowie die Verstärkung der flankierenden Massnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping treten am 01.04.2006 in Kraft. Das Inkrafttreten erfolgt nach der Zustimmung des Schweizer Volkes in der Abstimmung vom 25.09.2005.
Die schrittweise Ausdehnung der Freizügigkeit ist im Protokoll zum Abkommen über die Personenfreizügigkeit vom 24.10.2004 geregelt. Dieses sieht eine separate Übergangsfrist in Bezug auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den neuen EU-Mitgliedstaaten vor: Die Schweiz kann bis maximal 2011 Zulassungsbeschränkungen für ihren Arbeitsmarkt aufrechterhalten:
- Kontingente: Die Zahl der Daueraufenthalts- (bis zu 5 Jahren) und der Kurzaufenthaltsbewilligungen (bis zu 364 Tage) ist begrenzt. Das Kontingent für Daueraufenthalter steigt schrittweise von 1'700 (2006/7) auf 3000 Personen (2010/2011), dasjenige für Kurzaufenthalter von 15'800 (2006/7) auf 29'000 Personen (2010/2011). Im Fall einer übermässigen Einwanderung können aufgrund einer speziellen Schutzklausel Kontingente bis zum Jahre 2014 wieder eingeführt werden.
- Inländervorrang: Ausländische Arbeitskräfte dürfen nur angestellt werden, wenn auf dem inländischen Arbeitsmarkt niemand mit gleicher Qualifikation zur Verfügung steht.
- Lohnkontrolle: Bevor eine Arbeitsbewilligung erteilt wird, müssen die Kantone die Lohn- und Arbeitsbedingungen kontrollieren. Die Prüfung des Inländervorrangs und die Lohnkontrolle erfolgt weiterhin im Rahmen eines Arbeitsmarktentscheids durch die kantonal zuständige Behörde.
- Wichtige Aspekte des Arbeitsverhältnisses müssen den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern schriftlich mitgeteilt werden.
- Die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen wird zusätzlich erleichtert.
- Verstösse gegen das Entsendegesetz können wirksamer sanktioniert werden.
- Ausländische Arbeitgeber, welche Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden, müssen sich an den Vollzugskostenbeiträgen von allgemein verbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen (AVE GAV) beteiligen.
- Die Inspektionstätigkeit in den Kantonen wird sicher gestellt, d.h. Arbeitsmarktinspektoren in ausreichender Zahl kontrollieren die Arbeitsbedingungen und melden Missbrauch. Der Bund übernimmt die Hälfte der Lohnkosten, die dem Kanton in Erfüllung dieser Aufgaben anfallen.
- Die Temporärbranche muss sich an den Vollzugs- und Weiterbildungskosten sowie an den Kosten des flexiblen Altersrücktritts von AVE GAV beteiligen.
- Selbständigerwerbende unterstehen den flankierenden Massnahmen nicht. Sie müssen aber neu bei der Arbeitsaufnahme in der Schweiz die Selbständigkeit nachweisen (z.B. durch Buchhaltung oder Auszug aus dem Berufsregister).
- Das Meldeverfahren wird präzisiert und benutzerfreundlicher gestaltet.
Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass der Zuwanderungsdruck aus den neuen EU-Mitgliedstaaten begrenzt ist. Die provisorischen Übergangskontingente, welche die Schweiz im Nachgang zur Unterzeichnung des Protokolls (Oktober 2004) auf den 01.11.2004 für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingeführt hat, wurden nicht gänzlich ausgeschöpft: Von den jährlichen 700 Aufenthaltsbewilligungen (5 Jahre) wurden weniger als die Hälfte beansprucht, während die jährlichen 2’500 Bewilligungen für Kurzaufenthalter (bis ein Jahr) vollständig ausgeschöpft wurden. Die starke Nachfrage nach Kurzzeitaufenthaltsbewilligungen erklärt sich dadurch, dass ein grossen Bedarf an Arbeitskräften in Branchen zu verzeichnen ist, welche starken saisonbedingten Schwankungen unterliegen und dass nur bei den Kurzaufenthaltern bereits vor Inkrafttreten des Protokolls Hilfskräfte zugelassen wurden. Dies betrifft namentlich die Landwirtschaft und das Gastgewerbe.
Bern, den 28. März 2006
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