In den letzten Jahren hat die gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen (Corporate Social Responsibility, CSR) international an Bedeutung gewonnen und konzeptuelle Veränderungen erfahren. Neue Instrumente wurden entwickelt sowie bestehende aktualisiert und erweitert. Nach der Veröffentlichung des Leitfadens ISO 26000 zur gesellschaftlichen Verantwortung im Jahr 2010 wurden 2011 die aktualisierten OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen zu verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln und die UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte publiziert. Auch die UNO-Entwicklungsziele für nachhaltige Entwicklung von 2015 (Agenda 2030) betonen den Beitrag der Privatwirtschaft an die nachhaltige Entwicklung.
Übersicht über internationale CSR-Standards (PDF, 42 kB, 09.08.2019)
OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen zu verantwortungsvollem unternehmerischem Handeln
Die OECD-Leitsätze stellen umfassende Verhaltensempfehlungen der Regierungen an die multinationalen Unternehmen dar. Sie unterstützen Unternehmen bei der Wahrnehmung ihrer Verantwortung und finden überall dort Anwendung, wo sie tätig sind. Die Leitsätze sind rechtlich nicht verbindlich, die Umsetzung wird aber von den Nationalen Kontaktpunkten (NKP) der Unterzeichnerstaaten gefördert. Vermeintliche Verstösse gegen die Leitsätze können den NKP gemeldet werden, welche eine Dialogplattform oder ein Mediationsverfahren anbieten. Die Umsetzung der Leitsätze und insbesondere der Sorgfaltsprüfung durch die Unternehmen wird mittels generellen und branchenspezifischen Leitfäden unterstützt (u.a. Mineralien, Landwirtschaft, Textilien, Finanzen).
UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte
Die UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte beinhalten 31 Prinzipien und beruhen auf drei Säulen:
- Pflicht des Staates: Staaten müssen die notwendigen Massnahmen (z.B. Gesetze, Anreize und Fördermassnahmen) ergreifen, um die Bevölkerung vor Menschenrechtsverletzungen auch durch private Akteure (einschliesslich Unternehmen) zu schützen.
- Verantwortung der Unternehmen: Unternehmen sollen Menschenrechte achten und müssen zu diesem Zweck eine im Verhältnis zu den Umständen gebührende Sorgfalt walten lassen.
- Zugang zu Wiedergutmachung: Staaten und Unternehmen haben eine Verantwortung, wirksame Abhilfe für Betroffene mit gerichtlichen und aussergerichtlichen Instrumenten zu ermöglichen.
Die Leitprinzipien finden Anwendung auf alle Staaten und Unternehmen, ungeachtet ihrer Grösse, ihres Sektors, ihres Standorts, ihrer Eigentumsverhältnisse und ihrer Struktur. Sie stellen aber keine völkerrechtlichen Verpflichtungen dar. Der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte zeigt auf, wie die UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte in der Schweiz umgesetzt werden.
UN Global Compact
Der Global Compact der Vereinten Nationen (UNGC) bietet dank seinen 10 universellen Grundsätzen zu Menschenrechten, Arbeitsnormen, Umwelt und Korruptionsbekämpfung einen Einstieg in CSR-Themen und dient als Vernetzungs- und Lernplattform. Mit mehr als 10 000 teilnehmenden Unternehmen und Organisationen ist er heute das weltweit grösste Netzwerk für verantwortungsvolle Unternehmensführung. Der UNGC versteht sich als Multistakeholderplattform, deren primäres Ziel es ist, den Austausch zwischen den einzelnen Interessensgruppen zu fördern, die gemeinsam an der Umsetzung der Prinzipien arbeiten. Teilnehmende Unternehmen sind verpflichtet, jährlich einen Bericht über ihre Fortschritte bei der Umsetzung der Grundsätze zu veröffentlichen. Der Bund unterstützt das Netzwerk Schweiz des Global Compacts mittels einer Partnerschaft.
ISO 26000 Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung
Der Leitfaden ISO 26000 ist ein internationaler Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung, der im Rahmen eines breit angelegten internationalen Prozesses zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, Unternehmen, Arbeitnehmer-, Verbraucher- und Nichtregierungsorganisationen erarbeitet wurde. Er erleichtert die strategische Ausrichtung der Geschäftsprozesse von Unternehmen und Organisationen nach Aspekten der verantwortungsvollen Unternehmensführung. ISO 26000 vermittelt ein umfassendes Verständnis von gesellschaftlicher Verantwortung, ist jedoch im Gegensatz zu anderen ISO-Normen nicht zertifizierbar.
Global Reporting Initiative
Die Global Reporting Initiative (GRI) stellt einen weltweit anwendbaren Rahmen zur Verfügung, um Nachhaltigkeitsberichte nach international anerkannten Kriterien zu gestalten. Der Berichtsrahmen umfasst Grundsätze und Indikatoren für Unternehmen und andere Organisationen, um ihre ökonomische, ökologische und soziale Leistung zu messen. Gleichzeitig bietet ein nach GRI ausgerichteter Bericht den Interessensgruppen eine transparente Darstellung der relevanten Nachhaltigkeitsaspekte eines Unternehmens.
Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der UNO
Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (UNO-Entwicklungsziele) wurde 2015 von der Staatengemeinschaft entwickelt. Kernbestandteil sind die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) und deren 169 Unterziele. Der Beitrag der Schweiz zur Agenda 2030 wird in der Strategie Nachhaltige Entwicklung dargelegt.
Europäische Union und Entwicklungen in der Schweiz
Die EU-Strategie (2011-14) für die soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR) beschreibt die strategische Ausrichtung und konkrete Massnahmen betreffend CSR in der EU. In Bezug auf die nachhaltige Unternehmensführung hat sich das EU-Recht in den vergangenen Jahren aber weiterentwickelt. Schweizer Unternehmen werden aufgrund der Drittstaatenregelung direkt und über ihre Kunden indirekt von den neuen Regulierungen betroffen sein:
- Im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung hat die EU bestehende Richtlinien revidiert (vgl. Richtlinie (EU) 2022/2464 hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen). Der Bundesrat führt bis am 17. Oktober 2024 die Vernehmlassung zu den neuen Bestimmungen über die Berichterstattungspflichten für Unternehmen durch.
- Am 25. Juli 2024 ist die neue EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen in Kraft getreten. Der Bundesrat lässt die externe Studie zu den Auswirkungen für die Schweizer Unternehmen gestützt auf die definitiv verabschiedete Richtlinie aktualisieren. Basierend auf den Ergebnissen der Studie und unter Beobachtung, wie die Mitgliedstaaten der EU die Richtlinie umsetzen, wird er voraussichtlich im Frühjahr 2025 über das weitere Vorgehen entscheiden (vgl. Medienmitteilung).
- Die EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten wird in der EU ab Januar 2025 umgesetzt. Sie betrifft Kakao, Kaffee, Palmöl, Kautschuk, Rinder, Soja und Holz sowie daraus hergestellte Erzeugnisse. Ab 2025 können diese Rohstoffe und Erzeugnisse nur noch dann in der EU auf den Markt gebracht oder aus der EU exportiert werden, wenn sie nicht auf Flächen produziert wurden, die nach 2020 entwaldet wurden oder generell nicht mit einer Schädigung des Waldes in Verbindung stehen. Die Bundesverwaltung hat den Bundesrat am 14. August 2024 über den Stand der Abklärungen zur Prüfung unterstützender Massnahmen für die betroffenen Branchen und den Austausch mit der Wirtschaft informiert. Im Zentrum standen die Fragen, wie bestehende Daten aus der Forstwirtschaft und Tierhaltung für Herkunftsnachweise von Produkten verwendet werden können oder welche rechtlichen Änderungen notwendig wären, um das Schweizer Recht an die EU-Verordnung anzupassen (vgl. Medienmitteilung).
Deutschland
Aufgrund des Lieferkettensorgfaltspflichtgesetzes (PDF, 228 kB, 29.09.2023) müssen seit dem 1. Januar 2023 alle Unternehmen, d.h. auch Schweizer Unternehmen mit Hauptsitz oder einem Standort in Deutschland und mindestens 3000 Arbeitnehmenden menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in ihren Lieferketten umsetzen. Ab dem 1. Januar 2024 wird das Gesetz auch für Unternehmen mit mindestens 1000 Arbeitnehmern in Deutschland gelten. Auch Schweizer Unternehmen ohne Standort in Deutschland, die ein vom Gesetz betroffenes Unternehmen in Deutschland beliefern, können von ihren Kunden mit neuen Pflichten konfrontiert werden.