Das ArG ist grundsätzlich auf alle Betriebe anwendbar. Auf bestimmte Gruppen von Arbeitnehmenden sind aber aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit auch andere Gesetzesbestimmungen anwendbar. Dies trifft auf die berufsmässigen Motorfahrzeugführer zu.
Um die einheitliche Anwendung der Gesetzesbestimmungen zu garantieren, sind die nachfolgenden Grundsätze zu befolgen:
Das ArG ist grundsätzlich auf alle Betriebe anwendbar. Die Bestimmungen des ArG haben zwingenden Charakter und stellen Minimalvorschriften dar.
Auf bestimmte Gruppen von Arbeitnehmenden sind aber aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit auch andere Gesetzesbestimmungen anwendbar. Dies trifft auf die berufsmässigen Motorfahrzeugführer zu. Gestützt auf Art. 56 SVG hat der Bundesrat die Kompetenz, die Arbeits- und Präsenzzeit für diese Kategorie von Arbeitnehmenden zu regeln. Der Bundesrat hat davon Gebrauch gemacht mit dem Erlass der ARV 1 und ARV 2.
Art. 71 Bst. a ArG sieht deshalb einen expliziten Vorbehalt vor bezüglich der Sonderregelungen für berufsmässige Motofahrzeugführer:
Art. 71 Bst. a ArG:
- Vorbehalten bleiben insbesondere: die Bundesgesetzgebung (...) über die Arbeits- und Ruhezeit der berufsmässigen Motorfahrzeugführer.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Bestimmungen des ArG anwendbar sind, soweit nicht in der ARV 1 oder ARV 2 im Rahmen der Delegation von Art. 56 SVG eine spezifische Regelung vorgesehen ist.
Seit dem 1.1.2012 befindet sich der folgende explizite Verweis in der ARV 1 und ARV 2:
Art. 1 Abs. 2 ARV 1/Art. 1 Abs. 2 ARV 2:
- Vorbehalten bleiben die Bestimmungen des Arbeitsgesetzes vom 13. März 1964, insbesondere die Bestimmungen über die Kompensation der Nachtarbeit.
Nachtzeitraum (Art. 10 und 16 ArG)
Als Nachtzeitraum gilt gemäss ArG die Zeit zwischen 23 Uhr und 6 Uhr. Dieser Zeitraum unterscheidet sich vom Zeitraum des Nachtfahrverbots für schwere Motorwagen zur Güterbeförderung gemäss Art. 2 Abs. 2 SVG (22 Uhr bis 5 Uhr).
Gemäss Art. 10 Abs. 2 ArG können aber die Betriebe Beginn und Ende der betrieblichen Tages- und Abendarbeit zwischen 5 Uhr und 24 Uhr anders festlegen. Dazu muss die Arbeitnehmervertretung im Betrieb, oder, wo eine solche nicht besteht, die Mehrheit der betroffenen Arbeitnehmer dem zustimmen. Es ist für die Transportfirmen unter Einhaltung dieser Voraussetzung also möglich, den Nachtzeitraum beispielsweise auf 22 Uhr bis 5 Uhr festzulegen.
Dauer der Nachtarbeit
Gemäss Art. 17a Abs. 1 ArG darf bei Nachtarbeit die tägliche Arbeitszeit für den einzelnen Arbeitnehmer 9 Stunden nicht überschreiten; sie muss, mit Einschluss der Pausen, innerhalb eines Zeitraumes von 10 Stunden liegen.
Die ARV 1 und ARV 2 regeln die zulässigen Lenkzeiten und Arbeitsstunden sowie die Pausen und die Ruhezeiten für die Chauffeure. Art. 17a ArG findet keine Anwendung auf sie.
Kompensation für vorübergehende und dauernde oder regelmässig wiederkehrende Nachtarbeit
- Arbeitnehmende, die weniger als 25 Nächte im Jahr Nachtarbeit verrichten (vorübergehende Nachtarbeit), haben Anspruch auf einen Lohnzuschlag von mindestens 25 % für die im Nachtzeitraum geleisteten Arbeitsstunden (Art. 17b ArG und 31 ArGV 1).
- Arbeitnehmende, die 25 Nächte und mehr im Jahr Nachtarbeit leisten (dauernde oder regelmässig wiederkehrende Nachtarbeit), haben Anspruch auf eine Kompensation von 10 % der Zeit, während der sie Nachtarbeit geleistet haben (Art. 17b ArG und 31 ArGV 1).
- Diese Regeln gelten auch für alle Chauffeure, ob sie der ARV 1 oder der ARV 2 unterstehen oder nicht.
Gemäss ArG muss der Arbeitgeber die Gewährung des Zeitzuschlags belegen können (Art. 73 Abs. 1 Bst. g ArGV 1). Dazu bestehen keine Formvorschriften. Er muss einfach nachweisen können, dass die übers Jahr geschuldeten Ausgleichszeiten dem Arbeitnehmer gewährt wurden.
Gemäss ARV 1 und 2 überwacht der Arbeitgeber laufend, anhand der verfügbaren Kontrollmittel, ob die Bestimmungen über die Arbeits-, Lenk- und Ruhezeit eingehalten worden sind (Art. 16 Abs. 1 ARV 1 und 21 Abs. 1 ARV 2).
Der Arbeitgeber kann die Aufzeichnung des Zeitzuschlags für Nachtarbeit im Rahmen der Arbeitgeberkontrollauswertung gemäss Art. 16 ARV 1 oder 21 ARV 2 tätigen, indem er im Rahmen der Aufstellung über die Arbeits-, Lenk- und Ruhezeit die im Nachtzeitraum geleisteten Stunden separat aufführt. Zudem ist er angehalten, für jeden Arbeitnehmer ein entsprechendes Zeitzuschlagskonto zu führen.
Desgleichen muss der Arbeitgeber für Chauffeure, die weder der ARV 1 noch der ARV 2 unterstellt sind, die Aufzeichnung des Zeitzuschlags für Nachtarbeit separat aufführen und für jeden Arbeitnehmer ein entsprechendes Zeitzuschlagskonto führen.
Die Regelung betreffend der Zeitkompensation für Nachtarbeit gilt auch für Fahrten ins Ausland.
Den Zeitzuschlag von 10 % für dauernde oder regelmässige Nachtarbeit muss der Arbeitgeber nicht nur den Mitarbeitenden gewähren, die im Monatslohn angestellt sind, sondern auch denjenigen, die im Stundenlohn arbeiten. Da Art. 22 ArG die Abgeltung der Ausgleichsruhezeit durch Geldleistungen verbietet, muss dieser Anspruch zwingend in Form bezahlter Ausgleichsruhezeit gewährt werden.
Sowohl gemäss Strassenverkehrsgesetzgebung wie auch gemäss ArG gilt grundsätzlich ein Nachtfahr- bzw. ein Nachtarbeitsverbot, von dem nur in begründeten Fällen abgewichen werden darf.
Für die in der Verkehrsregelnverordnung (VRV) von der Bewilligungspflicht ausgenommenen Transporte (Art. 91a VRV) wird davon ausgegangen, dass die Notwendigkeit des Transports – und damit auch der Nachtarbeit – gegeben ist. Für andere Transporte sind nach wie vor Bewilligungen durch das Strassenverkehrsamt nötig (Art. 92 VRV). Auch hier wird geprüft, ob der Transport notwendig ist. Eine zusätzliche Prüfung der Notwendigkeit der Nachtarbeit und Erteilung einer Bewilligung gemäss ArG erübrigt sich deshalb und ist somit nicht erforderlich.
Chauffeure, deren berufliche Tätigkeit nur teilweise der ARV 1 oder ARV 2 untersteht (Chauffeure im Nebenberuf), dürfen in ihrer gesamten beruflichen Tätigkeit die in diesen Verordnungen festgelegten Grenzen nicht überschreiten (Art. 20 Abs. 1 ARV 1 und Art. 27 Abs. 1 ARV 2).
Der Arbeitgeber, der Chauffeure im Nebenberuf einsetzt, muss sich vergewissern, dass sie während ihrer gesamten beruflichen Tätigkeit im Haupt- und Nebenberuf die in der Verordnung festgelegten Grenzen nicht überschreiten (Art. 20 Abs. 2 ARV 1 und Art 27 Abs. 2 ARV 2).
Als Beispiel: Ein Chauffeur fährt für denselben Betrieb während 80 % seiner Arbeitszeit einen Lieferwagen von 3,5 t (Tätigkeit, die grundsätzlich unter das ArG fällt) und für den Rest der Zeit einen Lastwagen von mehr als 3,5 t. Gemäss Art. 20 Abs. 1 ARV 1 müssen die in der ARV 1 festgelegten Grenzen während seiner gesamten beruflichen Tätigkeit eingehalten werden. Dies ist auch der Fall, wenn der Chauffeur im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung bei einem Unternehmen einen Lieferwagen von 3,5 t fährt und im Rahmen einer anderen Teilzeitbeschäftigung bei einem anderen Unternehmen einen Lastwagen fährt.
Für Chauffeure im Nebenberuf, welche neben dieser Anstellung keine Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmende ausüben, wie Landwirte, Studierende und Hausfrauen, legt die Vollzugsbehörde gemäss ARV 1 oder ARV 2 eine Anzahl Stunden als Grundarbeitszeit fest, soweit sich dies wegen der Beanspruchung in ihrer Haupttätigkeit aufdrängt (Art. 20 Abs. 3 ARV 1 und Art. 27 Abs. 3 ARV 2).
Auf die Chauffeure sind die Bestimmungen der ARV 1 oder ARV 2 anwendbar. Betreffend die Kompensation von Nachtarbeit ist das ArG auf sie anwendbar.
Die Vollzugsbehörden der ARV 1 und ARV 2 haben den gesetzlichen Auftrag, die Anwendung dieser beiden Verordnungen zu überprüfen (Art. 23 Abs. 1 ARV 1 und Art. 31 Abs. 1 ARV 2). Die Kontrolle des ArG und seiner Verordnungen hingegen liegt grundsätzlich nicht in ihrer Kompetenz, denn dafür sind andere kantonale Behörden zuständig (vgl. Art. 41 ArG). Denkbar ist, dass der Kanton den Vollzug für diese verschiedenen Gesetzgebungen einer einzigen Behörde überträgt.
Falls verschiedene Behörden für den Vollzug zuständig sind, so können diese veranlasst sein, denselben Betrieb zu kontrollieren, wenn er Chauffeure beschäftigt, die Nachtarbeit leisten.
In einer solchen Situation empfehlen wir den betroffenen Behörden eine gemeinsame Betriebskontrolle durchzuführen. Denn eine solche Vorgehensweise erhöht die Effizienz und Transparenz gegenüber dem kontrollierten Betrieb.
Falls solche gemeinsamen Betriebskontrollen aber nicht in Betracht gezogen werden können, laden wir die Vollzugsbehörden ein, unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch über geplante oder schon durchgeführte Kontrollen zu entwickeln und sich allfällige allgemeine Beobachtungen gegenseitig mitzuteilen.
Publikationen
Letzte Änderung 11.05.2016